«Dehnen? Ja, wenn die Zeit grad reicht, mach ich das ab und zu. Aber Dehnen ist doch Nebensache, oder?»
Um zu verstehen warum Dehnen ein Grundpfeiler ist für einfunktionierendes Körpersystem ist, müssen wir beim Aufbau der Muskulatur beginnen.
Der Muskel besteht aus unterschiedlichen Lagen. Die kleinsten Fasern der Muskulatur bilden Bündel, die sich wieder zu Gruppen vereinen. So entsteht ein bindeartiges Geflecht, dass eng verwoben ist. Jedes Gelenk ist von einer Muskelgruppe umgeben. Jedes Muskelende ist durch Faszien mit einem Knochen verbunden.
Die kleine Faserbündel ziehen sich bei Krafterzeugung zusammen und der Muskel (Agonist) kontrahiert. Während sich der gegenüberliegende Muskel (Antagonist) entspannt und lang wird.
Das muskuläre Gefüge ist als ganzheitliches System anzuschauen. Einzelne Muskeln isoliert zu trainieren bringt das ganze Gefüge über längere Zeit in ein Ungleichgewicht.
Der Körper arbeitet als ganzheitliches System, dass in der Balance bleiben soll. Eine optimale Körperfunktion erlangen wir, wenn jedes Glied in der Kette intakt ist. Aus diesem Grund schauen wir im Pilates auch die kleinen und unscheinbaren Muskeln an.
Viele Übungen beinhalten ein gleichzeitiges Aktivieren (Kontraktion) des Muskels und eine Dehnung des Gegenspielers. Somit vermeiden wir während einer Stunde oder über eine längere Trainingseinheit, dass sich Muskeln verkürzen.
Es ist dementsprechend wichtig, dass wir lernen zu differenzieren, welchen Körperteil gestärkt werden und welche Partien des Körpers in dieser Zeit im entspannten Zustand sind. Zudem nehmen wir wahr welche Körperteile eine synergetische, aber nicht unwichtige Nebenrolle spielen.
Ein Muskel der zu kurz oder zu lang ist also über einen längeren Zeitraum ein kleiner Stein in einem komplexen Zahnradsystem.
Unterschätze also nicht die Länge unserer Muskeln und nimm dir nach deiner nächsten Trainingseinheit einmal ein paar Minuten länger Zeit für dein muskuläres Gefüge.